Man weiß ja nie, was wird wohl
werden –
ein Unfall, Selbstmord,
Messerstecher...;
ein Amokläufer, blinder
Rächer...
Was weiß man – bei den
Menschenherden?
Tagtäglich wird es uns auf
Erden
schwerer gemacht zu überleben;
man gängelt auch das kleinste
Streben,
wo mal nicht Kriege sich
gebärden.
Da ist’s wohl besser, schon
beizeiten
Vorhandenes zu publizieren,
rechtzeitig euch’s zu
unterbreiten –
solange man’s noch kann
erledigen.
Weiß ich, was moren kann
passieren?
Dann plötzlich will ein Pfaffe
predigen...
I.
Man sagt gemeinhin, anfangs
war das Wort.
Zwar kann man sich darüber
trefflich streiten –
Fakt ist: heut füllt es viel
zu viele Seiten;
das Wort vermehrte sich in
einem fort.
Durch’s Wort gewann der Mensch
manch geist’gen Hort;
sein Geist ließ sich durch
dieses Wort verbreiten,
und niemand wird den Wert des
Worts bestreiten –
denn ohne Wort lebt unser
Geist nicht fort.
Nun aber hat man folgendes
Problem:
Das Wort verkrüppelt, kränkelt
vor sich hin;
und auch des Menschen Geist
wird recht bequem...
Das Wort verliert nicht selten
seinen Sinn.
Auch gibt es wenig Hoffnung
auf Genesen –
am Schluß: kein Wort mehr, man
braucht nicht mehr... lesen.
Ich denke meist in einem Vers
-;
ist das normal oder schon
krank?
Noch nicht, sagst du? Na Gott
sei Dank!
So bin ich also nicht
pervers!?
Erschwerend kommt jedoch
hinzu:
Denk’ ich im Vers, ist’s meist
mit Reim,
ob im Büro oder daheim.
Das nimmt mir doch etwas die
Ruh’...
Wer, wenn er denkt, in Versen
denkt,
und dann auch noch in Reimen –
und das dann meist mit Metren
bindet:
Bei dem scheint doch etwas
„verrenkt“ -;
will da am Ende wohl was
keimen,
was man in Heimen später
findet?...
und tapfer leere Seiten füll’
–
dabei auch manchmal ziemlich
schwitze,
weil mein Gehirn nicht so ganz
will -;
und wenn ich seh’, wie blöd
die Leute:
in Kästchen denkend und so
kurz –
weist man drauf hin, ist’s
ihnen schnurz -,
und dafür gut verdienen heute;
dann krieg’ ich schon mal
Depressionen,
weil ich so recht daneben bin;
und sag’ ich was, ist’s
arrogant...
Zwar ist die Reaktion bekannt,
ich weiß auch: niemand wird’s
mir lohnen;
doch guckt vielleicht mal
jemand hin...
Der Pegasus ist alt geworden –
ein lahmer Gaul mit müden
Flügeln...
Wer ihn besteigt, braucht
nicht zu zügeln,
kein Temp’rament von wilden
Horden.
Nur mühsam hebt er ab – gen
Norden,
zur Kälte, Eiseshärte hin...
Du fragst nach seines Tuens
Sinn –
der alte Gaul ist weise
worden.
Der Pegasus will nicht mehr
hören,
wohin er einen tragen soll...
sein Eigensinn, er kann oft
stören –
und oft erscheint er
alterstoll.
Und doch -: Wenn er denn nicht
mehr wäre,
wir spürten deutlich eine
Leere.
Nun sitze ich hier und muß
warten –
das Auto will nicht laufen:
ich mußte mir eines kaufen;
damit hab’ ich stets schlechte
Karten.
Jetzt muß ich noch zwei
Stunden warten
und habe derweil nichts zu
tun.
Ich sitz’ hier, kann nicht
einmal ruhn;
ich hoff’ nur, ich kann bald
starten.
Die Langeweile war allein dran
schuld,
daß diesen Quatsch hier ich
schrieb,
gewissermaßen als
Zeitvertreib...
Manch Vers entsteht auch mit
wenig Huld
vor der großen Dichtung
Getrieb’,
quasi in Großhirns
Unterleib...
Die eigentliche Kunst ist
Ipsation,
ist Selbstbefriedigung des
kranken Ich;
denn ist das Ich gesund, wie
sehnt’ es sich
normal nach
Selbstbefriedigungen schon?
Die höchste Selbstbefriedigung
heißt Kunst.
Normal die andern stilln den
Wunsch nach Glück;
und wer greift gern auf
Ipsation zurück?
Sie steht fürwahr nicht hoch
in unsrer Gunst.
Mit Schnelligkeit rast uns die
Zeit dahin;
wir eilen, auch ein’ Zipfel
Glück zu haschen.
Befriedigtsein ist unser
höchster Sinn,
befriedigt -: das heißt auch
mit vollen Taschen...
Befriedigung ist eine schöne
Sache -:
doch heikel, wer da
Selbstbefried’gung mache ...
Hier sitz ich in meinem
Zimmer,
das Zimmer ist teuer und
fad...
Fernsehen mag ich nun nimmer,
drum schreite ich getzt zur
Tat
und schreibe hier diesen
Salat,
denn auch lesen kann ich nicht
immer -:
und was soll schon dieses
Gewimmer?
Ich hab ja den Schreiber
parat!
Und fehlt auch der Inhalt
beträchtlich,
so vertreibt’s einem doch die
Zeit,
und es hilft mir über die
Runden.
Drum blicke nicht allzu
verächtlich!
denn mir sind ja die Hände
gebunden,
auch bin ich ja hier nicht zu
zweit.
Jetzt, wo die Not am größten
ist -:
jetzt plötzlich kommen wieder
Verse...
Das eben ist ja das Perverse:
Es klappt oft nur bei großem
Mist!
Zum Glück nicht nur! Das wäre
arg!
Es gibt als Anlaß schönre
Sachen;
doch meistens sind sie nicht
zum Lachen,
oft fehlt das Geld, und das
ist Quark.
Nur Schreiben kostet noch
nicht viel,
ist eine billige Therapie.
Doch fehlt dann oftmals der
Effekt;
auch kommt sie selten an ihr
Ziel -,
gleichwohl, geschadet hat sie
nie...
Und manchmal hat sie was
geweckt...
So net!
Heises sonett von gewissen
Sonetten
macht sicher manch lyrischen
Mitläufer froh:
Sie reimten raschrasch (?)
Zeile drei auf zwo,
weil sie sonst kaum was zu
sagen hätten.
Mag sein; ist doch alles schon
einmal gedacht,
gefühlt und geschrieben! – Es
ist schon fatal...
Was wir machen, ist sowieso
epigonal!
Naiv, wer glaubt, er hätt’
„Neues“ gebracht.
Doch wenn wir schon nur noch
zum Nach-Denken imstand
und glauben aber, wir müßten
was sagen,
weil wir nicht still zu sein
wagen:
dann geben wir dem wenigstens
ein bißchen Form!
Das wäre doch schon ziemlich
enorm,
da sich an Inhalt nichts Neues
mehr fand...
Du bist gerühmt und viel
gesungen worden,
du hast die Wirrnisse der Zeit
vertragen,
dir ging es nicht mit Dummheit
an den Kragen;
die andern Formen konnt’ man
schier ermorden...
nun stehst du da als letztes
Licht des Alten,
man darf dich ohne rot zu
werden schreiben;
doch deine Schwestern wollte
man vertreiben,
nur noch das schon Vorhandene
verwalten...
Ein lebendes Fossil aus alten
Tagen,
das uns heut’ zeigt, wie man
dereinst gedichtet?
Als Übungs- und als
Vorzeig-Form sollst tragen -,
derweil der rest der Sippe
fast vernichtet.
Unfruchtbar ohne sie, läßt man
dich leben –
du hoffst darauf, sie wird
sich neu erheben!
Es ist doch stets mit mir das
gleiche:
Bin ich auf Reisen, komme ich
zum Schreiben,
komm’ ich nach Hause, lasse
ich’s oft bleiben,
weil ich’s vor Kleinkram nicht
erreiche.
Gleich ob Erzählung, ob
Gedichte:
Zu Hause fehlt mir meist die
Ruhe;
nichts wirklich kreatives, was
ich tue,
wenn ich die Druckvorlagen
richte.
Ich kann doch deswegen nicht
ständig reisen!
Das wäre ja für mich auch viel
zu teuer!
Das ganze ist mir daher nicht
geheuer.
Doch, abgesehen von zu hohen
Preisen,
auf Dauer wär’ der Streß nicht
auszuhalten;
drum schreib’ ich weniger –
und alles bleibt beim alten.
Es ist famos, die
Library zu haben!
Ich hoff’, sie wird sich lang
und glücklich halten,
geführt von Kennern, die mit
Sachverstand obwalten,
gefördert mit so manchen
milden Gaben!
Es wär famos, Ideen
umzusetzen,
und wenn es nicht nur bei den
Wünschen bliebe;
oft reicht Idealismus nicht,
nicht Liebe,
hier muß man manchmal andre
Messer wetzen...
Die Hoffnung gibt es, Gönner
aufzutreiben,
die Hoffnung auf
Verwirklichungen!
Wer von dem Plane ehrlich ist
durchdrungen,
bereis, auch in der Not
dabeizubleiben,
dem mag zuletzt doch manche
Quelle fließen,
dann mag er seine Lorbeeren
genießen!
II.
Die Formlosigkeit ist die Form
des Neuen!
Formlos und frei und ohne
jeden Zwang,
Beliebigkeit ist Trumph – mit
wird oft bang:
Man wird das alles wohl einmal
bereuen!
Wer ein Sonett schreibt, muß
sich fast schon scheuen;
auch Sprache hat zur Freiheit
einen Drang!
Die Ketten sprengen ist das
Ziel von Rang!
Der Geist soll sich zwanglos
der Freiheit freuen!
Doch beugt man sich –
freiwillig – größren Zwängen:
fast nur noch Normen, Regeln
und Systeme!
High Tech: der Gott, nach dem
sie alle drängen.
Mit Freiheit hat da niemand
mehr Probleme...,
freiwillig läßt man sich in
Kästchen zwängen!
Man haßt die Norm – auf daß
sie einen lähme...
Ich habe ein Problem. Und was
für eines!
Ich bin so furchtbar, völlig
unmodern!
„Modern“ und „fortschrittlich“
sind mir oft fern,
Verständnis für High Teck hab
ich meist keines.
Doch Altersphänomen ist dieses
keines:
ich bin zu jung, um schon
verkalkt zu sein;
ganz andre Zeichen stellten
sich dann ein.
Epigonal erscheint das Grün
des Haines...
Doch dies mit Schwarz-, gar
Braunsein zu verbinden,
das zeigt den Mangel im
„modernen“ Denken:
Die Logik bricht, und die Stringenz
bleibt aus...
Zwar kann man Lichtjahre schon
überwinden;
doch muß man sich sehr schnell
das Hirn verrenken,
stürzt mal was ab – und
fordert es heraus...
Sonett: Gedicht, kunstvoll,
aus alten Tagen;
mit Wohlklang, Rhythmus, Harmonie
fürs Ohr;
durch Bau und Dialektik trat’s
hervor.
Doch passe es nicht mehr zu
heut’gen Fragen...
Oft hört man bitterlich die
Leute klagen,
daß diese Form im Lauf der
Zeit verlor...
Es traten Nöte, schrill und
kraß, hervor,
die man nicht könne mehr
harmonisch sagen...
Doch konnte eine neue
Sageweise
moderne Lebensnöte nur
beschränken?
Drehn sich die Menschen nicht
wie je im Kreise?
Nur eine Änderung in ihrem
Denken:
der Wunsch nach Harmonie, nach
Einklangg schwindet,
die Dissonanz hat man als Ziel
verkündet...
Der nonsens ist heut’ Maß und
Größe!
Mit ihm erobert man die Feste!
Denn: Blödsinn ist das
allerbeste –
Da gibt sich niemand eine
Blöße...
Wo sonst die Hirne schnell
versagen -;
mit Nonsens kann man es
vertuschen,
daß sie gemeinhin nur noch
pfuschen...
Was andres ist schwer zu
ertragen.
Und auch des Nonsens
Qualitäten
verharren oft auf tiefer
Stufe...,
gewissermaßen „ ‚dumme’
Witze“...
Recht selten, daß der Geist
mal spritze
(nach mehr muß man erst gar
nicht rufen)...;
im Grunde hilft da nur noch
Beten...
Du windest dich vor Schmerzen
wie von Sinnen,
dein Leben ist dir nur noch
dieses Leiden;
du weißt: dein Tod läßt sich
nicht mehr vermeiden,
du kannst dem Schicksal
keinesfalls entrinnen.
Doch hält man dich gewaltsam
noch am Leben,
damit die Christen mit dir
Kasse machen;
sie nennen’s „ethisch“, wenn
sie dich verlachen,
derweil sie weiter nach
Vernichtung streben.
Der freie Mensch, als der du
seist geboren,
er ist Gerede, nichts als
Propaganda;
denn ausgeliefert, alle
miteinander,
sind wir zum strikten
Stillhalten erkoren,
wenn man in eines hohen Gottes
Namen
für Geld uns leiden läßt, bis
wir zerbrechen – Amen.
Er reitet auf den
Wellenkämmen,
läßt rauschend sich von ihnen
tragen,
die hoch über die Fläche
ragen,
wo andre sich
dagegenstemmen...
Er paßt sich an den
Wellenlagen,
folgt ihnen, daß sie ihn nicht
hemmen
und kann die Wellen leicht
durchkämmen,
wo andre sie zu schneiden
wagen...
Doch ist sein Tun nicht
ungefährlich;
er kann leicht einmal dabei
fallen,
in jenen Wellen flugs
versinken,
und jämmerlich darin
ertrinken,
in seinem Trachten zu
begehrlich.
Er fällt – vergessen schnell
von allen.
Und wenn der Geist tatsächlich
fließt
(das tut er ja gewiß nicht immer,
versiegt er, findest du’s noch
schlimmer)
und dann sich auf’s Papier
ergießt;
wenn man mal denkt, ein
Einfall sprießt
und stolz ist ob der wahren
Tiefe
(obwohl die Welt auch ohne
liefe);
selbst wenn man glaubt, daß
wer was liest;
selbst dann stellt sich die
bange Frage,
wozu man sich die Mühe macht:
Denn höchstens Witze will man
hören!
Mehr Geist braucht man nicht
heutzutage:
Dafür hat man den Chip
erdacht...;
und mehr kann letztlich nur
noch stören.
Nur kurz ist unser Leben,
wir haben nicht viel Zeit;
und reine Eitelkeit
zumeist, wonach wir streben.
Nach Glück und Geld wir
streben,
persönlich und zu zweit;
und macht sich Unglück breit,
hofft man aufs andre Leben...
Nur wenig Menschen streben
nach anderen Genüssen
als nur nach Geld und Küssen:
dem geistigen zu leben.
Und die dies tun verlieren:
denn Pöbel darf regieren...
III.
Oh dieser Mensch! Ein Mißgriff
der Natur!
Ein Tier reißt Beute, um zu
überleben –
und nicht aus Raffgier und aus
Machtbestreben.
Solch Grausamkeiten gibt’s
beim Menschen nur!
Er ist so klein und ist doch
so gefährlich! –
geprägt von Kleinmut,
Kurzsichtigkeit nur;
und doch voll Größenwahn und
Anspruch pur
zerstört er, wo er wirkt, die
Welt begehrlich...
Nur wenige begreifen die gefahr
und spürn das Leid, das diese
Menschen bringen,
die sie mit Aggression und
Mißgunst hetzen.
Wo einstmals Platz für
Geistesgrößen war,
die Menschen heut’ in Kleinmut
sich verletzen!
Ein Zarathustra muß noch lange
singen!
Die Mittagssonne steht hoch
überm Teich;
und ruhig ist’s, nur Vögel hin
und wieder
schmettern und schlagen
Lieder. Und zugleich
raschelt’ss und Blätter
schweben langsam nieder.
Ein Entenpaar erscheint am
rechten Rand
und zieht gemächlich durch die
stille Bläue;
ein Bild, das längst vertraut
und wohlbekannt –
und dennoch fasziniert’s mich
stets aufs neue!
Scheint vielen dieses Bild
auch recht gewöhnlich:
Für mich bedeutet’s
Friedlichkeit und Ruh’.
Ich seh’ dem Treiben auf dem
Teiche zu,
derweil sie sich im Alltag ständig
stressen,
von Hast und Hektik stets
gescheucht, besessen:
Wie sind die beiden Bilder
unversöhnlich!
Der Sonnenfeuerball steht rot
im Wald, von Bäumen
aufgespießt,
woran er sacht herunterfließt;
der alte Tag kämpft mit dem
Tod.
Die Wolken purpur-milchiggrau,
der
Himmel rosa-violett;
Flugenten rufen im Terzett,
die gerad noch schwüle Luft
ist lau.
Der Tag versinkt im Pfuhl der
Nachtt,
und Kühle senkt sich über
mich.
Die Dunkelheit bemächtigt sich
des Lebens, das bald Pause
macht.
Und offen ist der nächste Tag,
was wem er wohl dann bringen
mag...
Selbst noch in trübem Grau und
Regen
wird dieses Wäldchen mir zur
Wonne!
Fehlt auch die sommerliche
Sonne –
dies Plätzchen ist mir stets
ein Segen.
Am Waldesrand, an stillen
Wegen
die Wiesenblumen aller Sorten,
es summt und surrt hier
allerorten:
das ist ein Treiben und ein
Regen!
Das kräft’ge Grün, die zarten
Gräser,
die auch an trüben Tagen
freun:
Ich werde es wohl nie bereun
mich aufzuhalten hier im
Frein;
ich zieh es vor dem
Fröhlichsein
bei Rauch und Rausch gefüllter
Gläser.
Ich sitze am Fenster
und lese die Zeilen;
und plötzlich ereilen
mich Zukunftsgespenster!
Sie packen mich finster,
mir barsch mitzuteilen:
„Es wird euch ereilen...“,
die Zukunftsgespenster...
Die Angst ist’s ums Morgen,
um künftiges Leben,
die Angst um die Zukunft der
Welt!
Es bleibt mir verborgen,
warum wir vergeben
die Chance, die die Hoffnung
noch hält.
Kaum ist mehr zu retten,
was Menschen vernichtet,
die niemals verzichtet;
des Wohlstandes Ketten...
Was kann man noch retten,
wenn niemand sich richtet
danach, was verpflichtet’,
wenn Einsicht wir hätten...?
Ich sitze am Fenster
und lese die Zeilen,
die abermals rütteln mich
auf...
Hinfort, ihr Gespenster!
Wir müssen uns eilen!
Sonst geh’n wir unweigerlich
drauf!
IV.
ursprünglich wollte ich ja
schreiben,
zum Beispiel manche Verse
dichten -:
doch darauf muß ich wohl
verzichten,
mit Schreiben wird’s bei Briefen
bleiben:
Anträge, Klage gar betreiben!
Zum Dichten bleibt da Zeit
mitnichten!
So kann man Menschen auch
abrichten:
auf daß gewohnte Bahnen
bleiben...
Streng nach gesetz wird da
entschieden,
wer alles in denselben
wandelt;
Nachdenken wird damit vermieden
–
und wer nicht in den Bahnen
handelt...
Das klappt; so kann man
langsam züchten
brave Beschränkte – die andern
flüchten.
I
Wozu soll man sich Mühe geben
in einem Land, das man nicht
liebt,
in dem das einz’ge, was es
gibt,
Karriere ist, nach Wohlstand
streben?
Wo man in schnelles Geld
verknallt,
dem schönen Schein der Macht
erliegt –
wenn alles andre auch
versiegt.
Was schlecht verkäuflich, läßt
uns kalt!
Einst war es die Kulturnation,
die von sich reden machte.
Heut’ spricht dem ziemlich
alles Hohn,
was dies zustande brachte:
Schon werden Dienste nur
bestellt,
wenn sie „sich rechnen“ für
das Geld...
II
Wozu soll man loyal sich
krümmen
in einem Staat, dem man nicht
traut?
Wozu, wenn Wichtungen nicht
stimmen
der Werte, auf die man ja
baut?
Der Werte, die auch er
vertritt –
jedoch dies meistens nur
verbal!
Dann wird es einem eine Qual,
man sucht einmal den großen
Schnitt:
Und löst sich ab von solchem
Staat,
der Industriestaat pur ist,
in dem kein Geist mehr Platz
hat –
der sich nicht in High Tech
mißt...,
wo man in Lachen schon
ausbricht,
macht einer einmal ein
Gedicht...
III
Jedoch – wohin in dieser Welt?
Was ist davon die Quintessenz?
Globalisierung die Tendenz –
in der der Mensch langsam
zerfällt.
Wo ist der staat, wo ist das
Land,
das hier noch Hoffnung keimen
ließ’?
Dies wäre fast ein Paradies!
Mir ist es bisher nicht
bekannt...
Ein Land, das wie im Märchen
wär’!,
das offen nur für Kunst und
Geist!,
sowohl von nah wie von
weither,
wo man im Hick-Hack nicht
verschleißt!
Doch solch ein Land wird
niemals sein –
Die denken bleiben stets
allein!
Es ist soweit! Der
Spitzelstaat entsteht
erneut. Dreimal schon während
des Jahrhunderts
zog enger er sein Netz – und
wenig wundert’s;
wo man doch bloß auf alten
Pfaden geht...
Auf Nazi- erst, und dann auf
Stasi-Trümmern
aufbauend, zu durchleuchten
die Vasallen,
die Daten und das Tun von
möglichst allen -:
So wollte man sich stets um
Ordnung kümmern...
Das höchste Ziel: die Freiheit,
sie verlor;
das Ziel, dasman so oft so
laut beschwor!
Was bleibt: der Trost von
zahlreichen Gesetzen,
vom Plenum nach Gesetz und
Recht beschlossen,
zum Wohl des Staates, heißt es
unverdrossen;
und wer nicht mitmacht, muß
dies Recht verletzen.
Er wurde verfolgt in seinem
Land,
in dem eine Diktatur regiert;
er floh, damit ihm kein Leids
passiert,
nach Deutschland still und
unerkannt.
Die Deutschen aber wollten ihn
nicht,
sie glaubten ihm nicht ein
einziges Wort
und schickten ihn nach einer
Haft wieder fort,
auch falls er dann an der
Folter zerbricht.
Sie schieben sie ab in den
Bürgerkrieg,
sie schieben sie ab, und droht
auch der Tod –
da gibt es kein Erbarmen:
Die Christen; sie glauben an
Gott und den Sieg
der Liebe zum Menschen, und
spenden für Brot
für die Welt, den Verfolgten
und Armen...
Wo Schönes niemand mehr
erbaut,
wo Harmonie als albern gilt,
Brutalität die Medien füllt,
nur Macht- und Geldsucht uns
vertraut,
man Denken Rechnern delegiert,
wo Sprache Kümmerform nur ist,
wo Aggresion und Hinterlist
uns stets als Maßstab
präsentiert:
wie will man da denn noch
erwarten,
daß Menschen tolerant sich
geben,
human sind, helfend und
sozial?
Wo selbst Behörden hier
entarten,
mitmischen im maroden Streben,
wird das Gesetz dem Volk
egal...
Die braune Brühe spritzt...
Schon wißt ihr, wo der Täter
sitzt;
ihm geht es mächtig an den
Kragen!
Ihr werdet niemals es
zulassen,
daß ihr für eure Fehler
büßt...
Mit Schmiergeld wird’s denen
versüßt,
die mit dem Knüppel nicht zu
fassen.
Stets handelt ihr treu der
Verfassung,
Demokratie sei euer Ziel...,
belügt ihr euer Volk
tagtäglich!
Doch nennt man eure
Unterlassung:
Rechtsbeugung, Willkür – und wie
viel! –
ist dies Verbrechen
unerträglich!
Der Zeitgeist geistert durch
die Zeiten;
wer ihm nicht huldigt, wird
geschnitten,
nicht nur von Nachbarn, Chefs
und Dritten,
auch die Familie flieht
beizeiten.
Wer nicht mitschwimmt in
Zeitgeists Mitten,
wird nicht nur tolerant
gemieden,
offne Gewalt wird ihm
beschieden –
als Rüpel gegen Recht und
Sitten.
Doch wird fein säuberlich
vermieden,
die solchermaßen Ordnung
wahren
als wahre Täter zu entmachten!
Denn sie sind’s – das ist klar
entschieden -,
die eigentlich man muß
verwahren,
weil sie nach Freiheits Leben
trachten...
Die Träume sind schon längst
vergangen –
die Illusionen längst verjagt;
hast du einst kritisch
hinterfragt -:
In Kleinkram bist du heut’
verfangen...
Du warst agil und voll
Verlangen,
Ideen sprühtest du vital,
dein Tatendrang war manchmal
Qual -;
was davon blieb, füllt mich
mit Bangen!
Nun bist du arm – und auch
schon alt;
zwar noch vital, doch ohne
Geist...
Was dich bewegt, ist nicht das
Morgen;
für dich zählt nur noch dein
Gehalt;
wovon du nächstes Jahr
verreist...
Du glaubst dabei, du hättest
Sorgen...
Da liegst Du nun mit deinen
Höllenqualen,
der Arzt weiß nicht, woran er
mit dir ist;
man stellt dich kopf mit
lukrativer List –
Das Drama mußt du dafür nicht
bezahlen...
Doch willst du dich gesund
bald wieder aalen,
vertraust auf Hausarzt du und
Internist,
dann brauchst du länger als
nur Jahresfrist...
Soll sich was tun, mußt du
schon selber zahlen...
es scheint, als wollte man
dich gar nicht heilen
so prompt und bald, wie du es
endlich willst;
wozu soll man sich denn auch
so beeilen?
Will doch der Arzt auch noch etwas
bekommen...,
nachdem der Kasse leere Kassen
füllst...
Du stöhnst vor Schmerzen – und
bist wie benommen.
Fassade zeigen, das ist die
Devise!
Es geht dir gut..., kannst du
auch kaum noch laufen,
vor Seelennot dir nur die
Haare raufen;
du bist stets nobel, hast du
auch nur Miese...
Kannst du auch kaum das
Nötigste dir kaufen,
und knurrt auch stets dir laut
der leere Magen,
und möchtest du am Schicksal
schier verzagen,
kannst du dich nicht einmal
deshalb besaufen:
Nach außen bist du stets im
Speck die Made,
stets strahlst du, sagst, dich
könne nichts verdrießen;
erfolgreich seist du,
glücklich, froh im Denken...
Doch hast du dann auch Mut
noch zur Fassade,
wenn alle Kräfte hierfür dich
verließen?
Wer wird dir dann noch einmal
Glauben schenken?
Nun ist es um, das zwanzigste
Jahrhundert;
man spricht von Chance und
Hoffnungen im neuen.
Doch gleich drei Nullen – kann
das denn erfreuen?
Wenn sich was täte, wäre ich
verwundert...
Der Hang des Hirns zu Nullen
ist bedenklich,
der Hang zum Hohlen und der
Hang zum Runden...
Beispiele hierfür wären leicht
gefunden,
doch ist man dafür weniger
empfänglich.
Nun haben wir drei Nullen mehr
zu schreiben;
dabei; wir hatten schon genug
geschrieben –
und nichts geschah; es ist,
wie’s war, geblieben.
Und dabei wird es sicherlich
auch bleiben!
Nur einige in hohen Positionen
erzählen uns: Nun wird der
Einsatz lohnen!